Fermentation bedeutet, ein Lebensmittel durch Milchsäurebakterien (Laktofermentation), Bakterien, Schimmelpilze oder Hefepilze auf natürliche Weise „vorzuverdauen“. Dabei findet eine Art Gärungsprozess statt, wobei Mikroorganismen durch eigene Enzyme den Fruchtzucker und die Stärke im jeweiligen Lebensmittel abbauen. Milchsäurebakterien ersetzen im Rahmen ihres Stoffwechsels Zucker/Glucose und bauen ihn überwiegend zu Milchsäure ab -humorvoll auch als "microfarming" bezeichnet. Diese chemische Umsetzung dient den Milchsäurebakterien als Energiequelle. Anders ausgedrückt: Durch gezielte Fermentation wird die Nahrung durch Mikroorganismen einem ganz speziellen (für uns gesunden) Zersetzungsprozess ausgesetzt.
Fermentiertes Gemüse ist leichter verdaulich, als Rohkost. Gegenüber gekochtem Gemüse enthält es noch lebendige Bakterienkulturen. Diese sorgen u.a. für eine gesunde Darmflora und damit eine gute Immunabwehr, besonders wichtig nach einer Antibiotikabehandlung oder für Menschen mit einer chronischen Entzündung (Neurodermitis, Rheuma, Typ-1-Diabetes, Schilddrüsenunterfunktion, Hashimoto, etc.) Fermentiertes Gemüse ist (kühl und dunkel gelagert) auch ohne Kühlschrank haltbar. Das Fermentieren dient also der Haltbarkeit von Lebensmitteln, sowie der besseren biologischen Verfügbarkeit. Weiterhin verringert sich der Kohlenhydratgehalt der meisten Gemüse durch das Fermentieren.
Bei der Milchsäurefermentation von Gemüse sind salztolerante Bakterien im Einsatz, die vorwiegend ohne Sauerstoff arbeiten wollen. In einem mehrstufigen Vorgang bilden sie Bläschen und treiben zunächst den Sauerstoff aus, dann produzieren sie die Milchsäure und später auch Essigsäure, die dem sauren Gemüse den typischen Geschmack verleiht.
Auf dem Gemüse (insbesondere auf der Schale) wohnen eine ganze Reihe von Bakterien, Pilzen und Hefen, die nur darauf warten, es endlich zersetzen zu können. Je nachdem welche Bedingungen man für die Lagerung schafft, kommen die einen oder die anderen zum Zug. Bei der Lactofermentation wird dem Gemüse durch Salz (und Druck) der eigene Saft entzogen, bis es vollkommen mit Salzlake bedeckt ist. Wenn nicht genügend Saft austritt, bzw. die Gemüsesorte wenig saftig ist, fügt man eine milde Salzlake hinzu (1 TL unraffiniertes Meersalz auf 1 Glas Wasser). Das Gemüse muss komplett mit Lake (Flüssigkeit) bedeckt sein, denn in der Luft lauern Hefen, die die Fermentierung stören können. Die Milchsäurebakterien arbeiten auch ohne Luft. Sie bauen den Zucker im Zellsaft zu Milchsäure, Essigsäure, Alkohol und CO2 ab. Je länger sie arbeiten dürfen, desto mehr Säure wird produziert, das Gemüse wird also immer saurer. Milchsäurebakterien erzeugen aber nicht nur Säure, sondern auch eine Art „Schmalspurantibiotika“, die für die nötige Haltbarkeit sorgen.
Durch die Arbeit der Bakterien entweicht Luft und im Gärtopf entsteht anfangs ein leichter Schaum, den man am besten alle 2-3 Tage abschöpft. Prinzipiell kann man das eingelegte Gemüse nach einer ersten Fermentationsphase von 3-4 Tagen schon essen. Es hat dann schon eine leicht säuerliche Note und einen prickelnden Geschmack. Richtig abgeschlossen ist die Fermentation so nach 10-21 Tagen, abhängig von Temperatur, Gemüse und Bakterien. Die Töpfe mit dem Gemüse sollen die ersten Tage während der Gärung bei Zimmertemperatur lagern. Hat das Gemüse den gewünschten Säuregrad erreicht, sollen die Gläser in den kühleren Keller oder im Kühlschrank lagern. Prinzipiell kann man auch ohne Salz fermentieren, jedoch ist dieses Gemüse nur bis zu 4 Wochen haltbar.
Prinzipiell ist Vergorenes nicht gesundheitsschädlich, es sei denn man leidet an einer Histaminintoleranz. Im Gegenteil: Fermentierte Lebensmittel sind quasi schon teilweise vorverdaut, und deswegen leichter verdaulich. Da wir prinzipiell nicht verhindern können, dass sich Mikroorganismen sich über unser Essen hermachen, können wir sie uns zu Nutze machen. Dafür müssen wir Bedingungen schaffen, unter denen bestimmte Bakterien gedeihen und sich vermehren - und andere möglichst nicht. In den allermeisten Fällen sind diese erwünschten Mitesser sogenannte "Milchsäurebakterien". Sie sind ideal für die Kultivierung: Auf Nahrungsmittel losgelassen, zerlegen sie deren Bestandteile auf eine Art und Weise, die sie für uns schmackhafter machen, indem sie etwa Glutamat produzieren. Andererseits bauen diese Bakterien Antinährsoffe für uns ab, sodass das Gemüse für uns leichter verdaulich wird. Diese willkommenen Bakterien müssen für`s Fermentieren auch nicht zugesetzt werden, weil sie sowieso immer und überall vorhanden sind, sei es auf Pflanzen, in der Luft oder auf menschlicher Haut. Und sie sind relativ anspruchslos in der Haltung, weswegen es leicht ist, große Kulturen von ihnen zu züchten. Genau das passiert beim Fermentieren auch.
Je wärmer es die Bakterien haben, desto schneller arbeiten sie (und desto schneller laufen sämtliche chemischen Prozesse im Gemüse ab). Idealerweise ist es daher am Anfang der Gärung warm (so um die 16- 23 Grad), damit die Kulturen sich entwickeln, und nach ein paar Tagen kühler (6-10 Grad), damit nichts überstürzt wird. Sehr schnell Vergorenes schmeckt nicht so gut wie langsam Gereiftes, und zu hohe Temperaturen sorgen dafür, dass Gärgemüse wegen bestimmter Enzyme matschig wird. Salz kann diese Prozesse verlangsamen. Es gilt daher: Je wärmer das Wetter beim Gären ist, desto salziger sollte das Gärwasser sein.
Um zu Hause zu gären, braucht es kein besonderes Werkzeug - lediglich einen wasserdichten Behälter und etwas Schweres, etwa einen flachen Teller oder Stein, um das Gärgut unter Wasser zu halten. Ein Deckel ist nicht unbedingt nötig, aber praktisch: Er verhindert, dass Fliegen auf der Wasseroberfläche landen oder das Gemüse mit Sauerstoff in Kontakt kommt.
Vorsicht: Vor allem zu Beginn der Gärung produzieren die Bakterien jede Menge CO2. Wenn der Deckel dicht schließt, kann der Gärbehälter explodieren. Daher: Gefäß mit einem Tuch oder Feinstrumpf abdichten, regelmäßig lüften oder einen Gärtopf verwenden.
Optional kann auch in einem Bügelglas fermentiert werden. Der Bügel-Verschluß lässt Gärgase entweichen, aber keinen Sauerstoff ins Glas. Voraussetzung für`s Gelingen: Das Bügelglas muss verschlossen bleiben und darf während der Fermentation nicht geöffnet werden (damit kein Sauerstoff zu Schimmelbildung führen könnte).
Prinzipiell kann man alles was roh ist fermentieren. Das wohl bekannteste fermentierte Lebensmittel ist das Sauerkraut oder Omas „saure Bohnen“. Dieses Gemüse wurde traditionell durch Milchsäuregärung konserviert. Natürlich fermentiertes Fass-Sauerkraut wird nur noch selten angeboten, obwohl die Herstellung sehr einfach ist.
Joghurt und andere Milchprodukte basieren auf Milchsäuregärung, durch Impfung von Milch mit Starterkulturen der Milchsäurebakterien. Wird ein Joghurt 24 Stunden fermentiert, ist er anschließend laktosefrei, weil die milchsäureliebenden Bakterien die ganze Laktose "aufgegessen" haben. Weitere Produkte sind lactofermentierte Gemüse wie Sauerkraut, Borschtsch, Kimchi, aber auch Sauerteig, Met (Honigwein), Fischsauce oder natürlich fermentierte Sojasauce.
Daneben wird Brotteig von vielen Völkern traditionell einer langen Teigführung unterzogen, wodurch ein Großteil der schwer verdaulichen Bestandteile (z.B. wie Gluten) im Teig abgebaut werden. Durch die traditionelle Fermentation von Brotteig wird das Brot besser verträglich und meist auch von Menschen mit einer Glutenunverträglichkleit vertragen.
Einen Gärtopf, glasiertes Steingut (oder ein hohes Glas mit breitem Rand) und alle Küchenutensilien mit kochendem Wasser ausspülen. Das ist zwar nicht zwingend nötig, aber hygienischer. Heiße Einmachgläser auf ein Tuch stellen, damit nichts zerspringt.
Wasserhaltiges Gemüse wie Kohl, Karotten, Tomaten, Gurken, grüne Bohnen, Rüben, Zwiebeln sehr fein hobeln oder schneiden. Auf das fein geschnittene Gemüse reines Meersalz ohne Zusätze streuen. Zartes Gemüse -das nicht geknetet werden soll- mit dem Salz etwa 10 Minuten sanft vermengen, Gemüsesorten wie Kohl kräftig kneten, bis genügend Gemüsesaft (Lake) austritt.
Das Gemüse bis zu 2/3 bzw. 3/4 in den Gärtopf füllen und ggf. mit frischen Blättern bedecken, Lake darüber geben, bis das Gemüse komplett davon bedeckt ist. Mit einem sauberen Gefäß dicht abschließen und beschweren. Z. Bsp. mit einem sterilen Teller und einem schweren Stein (bleifrei/kein Alu). Oder ein gefüllter Einmachbeutel mit Wasser für die ersten 3 Tage auf das Gemüse legen. Holzfässer sollten aus Eichenholz sein, Fichtenholz verdirbt den Geschmack. Zum Beschweren des Tellers oder Brettchens eignet sich ein schwerer Kiesel- oder Kalkstein, keinesfalls ein Sand- oder Backstein.
Es sollte so viel Lake im Gärtopf bzw. Einmachglas sein, dass das Gemüse vollkommen mit Lake bedeckt ist. Es darf kein Sauerstoff mehr an das Gemüse kommen, keine Luftblasen mehr im Gefäß sein. Der Teller muss direkt auf dem Gemüse liegen. Zudem muss der Teller beschwert auf dem Gemüse liegen, damit es die Lake über das Gemüse – bestenfalls bis in den Teller- drückt. Ggf. noch etwas Salzwasser (je nach Geschmack: etwa 10-15g Salz pro Liter abgekühltes Salzwasser zugeben.
Das A und O beim Fermentieren: Das Gemüse muss immer unter der Lake bleiben!
Zuletzt noch 1 engmaschiges Fliegennetz, Küchentuch, oder einen sauberen Feinstrumpf darüber ziehen, damit Staub oder kleine Fruchtfliegen abgehalten werden.
Den Gärtopf für 3-7 Tage bei Raumtemperatur (15-22-Grad) stehen lassen. Dabei täglich kontrollieren und eventuelle Unreinheiten oberhalb der Lake entfernen (darunter ist die Welt in Ordnung, da anaerob/sauerstoff-frei).
Mit der Temperatur kann man die Fermentation gezielt steuern. Je nach Temp. verlängert oder verkürzt sich der Prozess. Über 30 Grad sollte man nicht fermentieren, dann könnten sich unangenehme Aromen bilden, da die Gärung zu schnell einsetzt. Unter 14 Grad verlängert sich der Prozess, das Aroma wird aber besser und das Gemüse bleibt knackiger. Die ideale Temperatur zu BEGINN der Fermentation liegt bei 18-22 Grad. Täglich sollte das Gemüse mit einem Holzlöffel in das Gefäß gedrückt werden. So werden Lufttaschen, die sich eventuell gebildet haben, aus dem Gefäß entfernt.
In dieser Zeit vermehren sich die milchsäure-liebenden Bakterien, und bauen den enthaltenen Zucker und Stärke teilweise ab und in Milchsäure um. Nach 3-7 Tagen kann das fermentierte Gemüse kalt (1-10 Grad) gestellt werden. Durch die Kälte verlangsamt sich der Fermentationsprozess und ist nach einigen Wochen abgeschlossen. Während dieser Zeit kann man aber schon einmal kosten, ob das Gemüse inzwischen den gewünschten Geschmack hat.
Darüber hinaus kann man auch im Bügelglas fermentieren, praktisch für kleine Mengen oder für Anfänger: Das zerkleinerte Kraut mit etwas Meersalz (20g Salz je kg zerkleinertes Gemüse) verkneten und bis zum Rand in ein (sauberes) Bügelglas stopfen. Das Bügelglas muss nun verschlossen bleiben, bis zum Verzehr (es darf zwischendurch nicht mehr geöffnet werden!) Die Gärgase verdrängen ab sofort den Sauerstoff im Glas, die Gummidichtung lässt Gärgase entweichen und verhindert gleichzeitig das Eindringen von Sauerstoff. Nun muss das Bügelglas zu bleiben, bis das Kraut fertig ist, sonst würde die Sauerstoffzufuhr zu Schimmel führen. Das verschlossene Glas 2 Tage bei Zimmertemperatur (bis 25 Grad) stehen lassen und einen Teller unterstellen, falls etwas Lake austritt. Danach 3 Wochenetwas kühler und dunkel stellen. Nach dem Öffnen muss es im Kühlschrank aufbewahrt werden. Schraubgläser mit Twist-off-Deckel sind zum Fermentieren ungeeignet, da die Gärgase nicht entweichen können. Als Faustegel gillt: Je wärmer das Glas steht, umso schneller läuft der Fermentations-Prozess ab. Je kälter das Glas steht, umso länger dauert die Fermentation.
Tipp: Hilfreich sind die Tonsteine von Isa Palstek, die in fast jedes größere Bügelglas passen. Die Steinscheiben bestehen aus 3 Teilen und lassen sich ganz einfach in ein Bügelglas legen. Zu bestellen bei www.wildefermente.de.
Das eingelegte Gemüse ist fertig, sowie es Ihnen schmeckt. Das kann nach 2 Tagen oder nach 6 Wochen der Fall sein. Je länger der Prozess dauert, umso weicher und verdaulicher wird die Rohkost. I.d.R. wird das eingelegte Gemüse innerhalb einer Saison (3-6 Monate) verzehrt.
1 kleiner oder ½ Rotkohl fein gehobelt
1 Apfel ohne Kerngehäuse, geraspelt
Je 3 Pfeffer und Wacholderbeeren, ggf. 2 Lorbeerblätter
1-2 Einmachgläser (1 liter)
1-2 Gefrierbeutel (mind.2 liter)
1 TL Meersalz
1 Glas kaltes, weiches Wasser
Zubereitung: Die äußeren Kohlblätter entfernen und waschen. Diese können im Glas noch zur Abdeckung des Krauts benutzt werden. Den Kohlkopf vierteln und den dicken Strunk entfernen. Den Kohl sehr fein hobeln. Den gehobelten Kohl und das Salz mischen und dabei sehr kräftig durchkneten oder stampfen. Das Kneten und das Salz lösen den Zellsaft aus dem Kohl. In diesem Saft arbeiten die Milchsäurebakterien besonders gerne. Je kräftiger man knetet, desto flüssiger wird es in der Schüssel. Das Kraut sollte in der Flüssigkeit (Lake) schwimmen.
Die Wacholderbeeren und den Pfeffer im Mörser zermahlen.
Das Kraut in die Gläser einstampfen. Es soll so wenig Luft wie möglich zwischen dem Kraut sein. Dazwischen die Gewürze geben. Die Gläser nur zu 2/3 füllen. Das Kraut mit 1 Kohlblatt abdecken und komplett mit Flüssigkeit bedecken (sonst droht Schimmelbefall). Ggf. noch 1 Glas Salzwasser (1 Tasse Wasser/Blanchierwasser + 1 TL Meersalz) und optional 1 TL Molke oder Kefir (Milchsäurebakterien) dazugeben. Einen Teller auflegen und beschweren, aber nicht luftdicht verschließen, damit die Gärgase entweichen können. 3-4 Tage dunkel bei Raumtemperatur stehen lassen. Danach kühl und dunkel stellen. Nach etwa 3-6 Wochen (je nach Inhalt/Raumtemperatur/Microorganismen) ist die Fermentation weitestgehend abgeschlossen.
1 kg gehobeltes Weißkraut + 20 g unraffiniertes Meersalz (ohne Zusätze)
oder 50 kg gehobeltes Weißkraut + 250 g Meersalz
oder 50 kg gehobeltes Weißkraut + 125 g Meersalz + 125 g Vollrohrzucker
Zubereitung: Vom Weißkraut den Strunk entfernen, nur einwandfreie Blätter verwenden. Das Kraut sehr fein hobeln oder schneiden. Das Weißkraut mit dem Meersalz so lange kneten, bis Lake austritt. Das Weißkraut zu 3/4 in einen Gärtopf stopfen, damit die Luft austritt. Es dürfen keine Luftblasen mehr im Glas sein. Die Lake hinzugeben. Das Weißkraut muss vollständig mit der Lake bedeckt sein. Die obere Lage sollte mit ganzen Krautblättern bedeckt und abgeschlossen werden. Wenn nicht genug Lake entstanden ist: 1 Glas kaltes Wasser mit 1 TL Salz anrühren und davon zugeben. Das Kraut mit einem sauberen Teller+ Stein (oder einer wassergefüllten Einfriertüte) beschweren, es muss vollständig von Lake bedeckt sein!
Lagerung: Das Gefäß mit dem angesetzten Weißkraut 2-3 Tage möglichst dunkel bei Raumtemperatur lagern. Dabei alle 2 Tage auf Schimmel kontrollieren. Ggf. den Teller, Stein und den inneren Bottichrand heiß abwaschen. Ggf. auch die oberen Krautblätter heiß abwaschen und wieder auf das Gemüse legen. Wie zuvor beschweren. Danach kühl und dunkel lagern, dabei wöchentlich kontrollieren. Je nach Geschmack ist das Fasskraut nach etwa 4-6 Wochen fertig.
Weitere Tipps für das Gelingen:
Quellen:
http://www.wildefermente.de/
http://www.theecologist.org